Wenn Mitarbeiter eines Reinigungsteams im Krankenhaus in einer wissenschaftlichen Studie gefragt werden, ob sie ihre Berufung gefunden haben und wie ihre Job-Bezeichnung lautet und sie sich als „Heiler“ oder „Botschafter der Gesundheit“ vorstellen, werde ich neugierig. Wie kann eine simple Tätigkeit des Boden- und Staubwischens zum Traumjob werden und eine höhere Bedeutung einnehmen?
Die Verhaltenspsychologin Amy Wrzesniewski von der Yale School of Management erforscht seit einigen Jahren intensiv, woran Menschen den Unterschied zwischen Beruf, Berufung und Karriere festmachen.
GELD + STATUS = ERFÜLLUNG?
Üblicherweise nehmen wir an, dass das monatliche Gehalt, der Status des Berufs und die Aufgaben, die mit dem Job kommen, zu unserer Zufriedenheit beitragen. Außerdem schwirrt die Idee herum, dass da draußen irgendwo eine große Berufung für uns wartet, die wir nur finden müssen, um dann endlich die berufliche Erfüllung zu erleben.
Mit ihren Forschungsergebnissen zeigt Amy Wrzesniewski, dass wir es selbst in der Hand haben, wie zufrieden wir mit einem Job sind und wie viel Bedeutung wir unseren Aufgaben geben können.
WIR SELBST KÖNNEN UNSERE BERUFUNG GESTALTEN
Sie zeigt in ihren Publikationen, wie Menschen ihre Interaktionen und Beziehungen mit ihren Kollegen und Vorgesetzten unterschiedlich gestalten, um ihre eigene Identifikation und die Bedeutung ihrer Aufgaben zu verändern.
Bevor du jetzt denkst, dass das Glück der Berufung nur Schriftstellern, Künstlern oder Medizinern vorbehalten ist. Nö. Amy Wrzesniewski hat diese Ergebnisse neben dem Beispiel von Reinigungspersonal in Krankenhäusern auch bei Sekretärinnen und Maurern entdeckt und zeigt faszinierende Einsichten, warum einige Menschen diesen Job als Berufung und Traumjob betrachten und andere nicht. Sie nennt dieses Phänomen „Job Crafting.“
JOB CRAFTING NACH AMY WRZESNIEWSKI
Dieses Prinzip kannst auch du anwenden, um deinen aktuellen Job bedeutungsvoller und erfüllender zu gestalten. Was das genau mit deiner Berufung zu tun hat, und wie du diese wissenschaftlichen Erkenntnisse des „Job Craftings“ für dich nutzen kannst, liest du hier:
1. Deine Aufgaben
Erweitere oder ändere die Anzahl, deinen Wirkungskreis oder den Typus deiner Tätigkeiten
In ihrer Studie beschreibt Amy Wrzesniewski, wie einige Mitarbeiter des Reinigungspersonals in Krankenhäusern die liegende Perspektive der Patienten einbezogen. Sie achteten besonders darauf, dass auch im Sichtfeld der Patienten keine Verunreinigungen oder irritierenden Spinnweben o.ä. hingen, die die Patienten stören könnten. Das ermöglichte den Reinigungskräften eine stärkere Verbindung zu den Patienten und eine tiefere Bedeutung ihrer Arbeit.
2. Deine Beziehungen
Ändere die Qualität und/oder die Anzahl der Interaktionen, die du mit deinen Kollegen und Vorgesetzten, Kunden oder deinem Team hast
Um bei dem Beispiel der Krankenhaus-Reinigungskräfte zu bleiben: Statt nur ihren Job zu erledigen, interagierten sie auch mit den Familienmitgliedern, die die Patienten besuchten, gaben dem Pflegepersonal oder den Ärzten Hinweise, wenn die Kranken sich schlechter fühlten, den Tränen nah waren oder ein Glas Wasser benötigten. Der eigentliche Job der Reinigung wurde dadurch für die engagierten Mitarbeiter um die Bedeutung angereichert, dass auch sie zur Genesung der Patienten beitragen.
„If you can’t have the job you love, love the job you have.“
3. Dein Mindset
Ändere bewusst die Sichtweise und deine innere Haltung auf deinen Job
Wie würdest du dich als Reinigungskraft definieren: Als hoch geschultes, nicht austauschbares Personal? Genau das tun die, die mit dieser Arbeit sehr zufrieden sind. Amy Wrzesniewski beweist in ihrer Studie, dass diejenigen, die sich über das erforderliche Maß hinaus für ihren Job einsetzten und ihrem Job Freude und Bedeutung beibrachten, sehr viel mehr Erfüllung finden. Und zwar absolut unabhängig vom Gehalt, Status und den eigentlichen Aufgaben, die der Job mit sich bringt.
NIMM BERUFLICHE ERFÜLLUNG WAHR
Wann hast du es selbst erlebt, dass jemand …
1. … einfach nur seinen Job machte oder
2. … sich wirklich dafür einsetzte, um eine Lösung für dich zu finden oder seine Begeisterung für seine Tätigkeit mit dir zu teilen?
Ich bin mir sicher, dass es für dich auch einen großen Unterschied gemacht hat, wie du diese Person wahrgenommen hast.
GESTALTE DIR DEINE BERUFUNG
Jetzt bist du dran: Wie kannst du den Wirkungskreis deiner Aufgaben erweitern? Welche beruflichen Beziehungen kannst du vertiefen?
Bist du bereit, ein neues Mindset deinem Job gegenüber zu entwickeln? All das kann sich positiv darauf auswirken, wie zufrieden du mit deinem Job bist.
Wenn du Lust hast, mehr über Amy Wrzesniewski zu erfahren, kannst du hier ihre Studie lesen, den sehr empfehlenswerten Hidden Brain-NPR-Podcast mit ihr im Interview anhören oder gleich hier einen re:Work-Talk bei Google von ihr anschauen:
Was wirst du nächste Woche anders machen, um deinen Job positiv zu beeinflussen?